„Als hätten Prince und Cigarettes After Sex zusammengearbeitet und eben doch ganz eigen.“ – IN München
INFO
ARTIST
Jesper Munk
RELEASE DATE
04/10/2024
CATALOGUE NO.
GRCD/LP/DIGITAL 1130
TRACKLIST
Yesterdaze
Tiny Heart
Rush
Ivory Tower
Not To Lie
Dressed
Champagne Shoes
Greenscreen
Hold On Me
Bearing Gifts
Scotch Bonnet
Neon Blood
WATCH & LISTEN
Story
Der Wolf im Schafspelz oder eher das Schaf im Wolfspelz? Wer Jesper kennt, weiß dass beides zutrifft. Zwei Jahre nach seinem hochgelobten Cover-Album „Taped Heart Sounds“ schlägt Jesper Munk nun ein neues Kapitel auf: Mit wohlgereiften Eigenkompositionen auf seinem Produzentendebüt kehrt er nun zur Freude aller treuen Wegbegleiter:innen endlich auch wieder als Komponist und Texter zurück. „Yesterdaze“ ist gleichermaßen Annäherung wie Versöhnung mit seinem Frühwerk als auch Bewältigung verschiedener Themenkomplexe von Starrummel über Depression, von klischeebehafteten Eskapaden bis Beziehungskrisen, von Kapitalismuskritik bis zur menschlichen Entfremdung, aber auch von sachgemäßem, zwingend notwendigem Eskapismus sowie bedingungsloser Liebe und ein bisschen Zuversicht in das Leben als solches. Zudem verarbeitet Jesper die letzten vier sehr intensiven Jahre in seiner Wahlheimat Berlin, in der der in München gebürtige Deutsch-Däne seit etwas mehr als acht Jahren lebt. Es war ein wilder Ritt durch eine Zeit, in der er sich hauptsächlich seinen beiden Post-/Noise-/Art-Punk-Projekten Public Display of Affection (kurz P.D.O.A.) und Plattenbau gewidmet hat, mit denen er in ganz Europa, teilweise auch in Nordamerika auf Tourneen unterwegs war und so seiner persönlichen Discografie noch einige Veröffentlichungen hinzufügen konnte.
Sein neues Soloalbum „Yesterdaze“ nun wurde, wie auch schon „Taped Heart Sounds“ mit seiner Begleitband The Cassette Heads auf Tape aufgenommen, jener Tascam 488 MKII im Übrigen, mit der auch Mac DeMarco gerne gearbeitet hat. „Ich wollte als Produzent bei unseren Live-Recording-Sessions unbedingt den Bildschirm eliminieren.“ Eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie er augenzwinkernd hinzufügt, „um sich trotz diverser Konzentrationsschwächen aufs Wesentliche konzentrieren zu können.“ Der Fokus war das Essenzielle. Jener gefühlvolle, alles vereinnahmende Spot auf die Musik, die Texte und auf den Vibe wurde das Geheimrezept von „Yesterdaze“. Und, so Jesper weiter: „Die Cassette-Heads kennenzulernen hat sich für mich angefühlt, wie nach Hause kommen … besser habe ich mich musikalisch ehrlich gesagt noch nie gefühlt.“ Seine geliebten Begleiter Tim Granbacka (keys, synth, guit, backing vocals), Bassist Hal Strewe und Schlagzeuger Ziggy Zeitgeist kommen aus der Berliner Session-Szene, fungieren aber – egal ob mit oder ohne Jesper – in ihrer Arbeit als Kreative ebenfalls als Komponisten und Produzenten und sind so umso besser in der Lage, Jespers Ideen zielgerecht, manchmal auch virtuos, immer aber mit sehr viel Herz, Können und Wärme umzusetzen: Moderner Neo-Soul, vom Jazz geküsst, dazu Chanson, R’n’B, bluesy Crooner-Balladen und zarter Indie-Pop bis hin zum Slow Wave, sind die Eckpfeiler, die „Yesterdaze“ wohl am besten beschreiben. Wobei Schubladen und Etiketten so gar nicht Jespers Denken beeinflussen. Kein Wunder bei einem, der sich erst mal den „Blues-Wunderknaben“ oder „Blues-Erneuerer“ abwaschen musste, als den man ihn zu Beginn seiner Karriere irgendwo zwischen den White Stripes und The Black Keys mit seinem Indie-Erstling „For In My Way It Lies“ und dem darauffolgenden Major-Debüt „Claim“ einzuordnen versuchte. Gerade mal 20 Jahre war er damals jung, kein Wunder, dass ihm da einiges ziemlich gegen den Strich ging.
Jetzt 12 Jahre später, besticht Jesper Munk – der sich nicht nur was sein Umfeld anbelangt, 2024 völlig neu erfunden hat – mit kompromissloser Eigenständigkeit. Es ist die Freiheit, die ihn antreibt. Ganz ohne Major-Druck und meilenweit davon entfernt irgendwelchen Marktmechanismen zu entsprechen, was sich auch in seinen rar gesäten Social Media-Aktivitäten ausdrückt.
Na, wie auch immer: Jesper Munk (& The Cassette Heads) sind sowieso eher so ein Album- und Live-Ding. Die muss man hören (und sehen), muss man erleben, und ja: auch physisch und psychisch spüren, irgendwie… Emotionen, Schweiß, Tränen, untermalt von wohlig-warmen, immer aber auch überraschend edgy Wohlfühlklängen. Dazu ein bisschen schwofen, träumen, abhauen… und gewissermaßen als i-Tüpfelchen: jede Menge Seele in Stimme und Musik. By the way: „Yesterdaze“ ist bestimmt kein einfaches, zu Beginn womöglich nicht mal eingängiges Album. Es braucht Zeit, alle Facetten, all die liebevollen Arrangements und all diese – sämtlichen Songs zugrunde liegende – Ruhe und Ausgeglichenheit voll und ganz zuzulassen. Anspruchsvoll? Ja! Und: Nein! Zumindest nicht in einem akademisch-abgehobenen Sinn. Dazu Jesper: „Ich sehe Musik als eine universellen Sprache bei der sich jegliche Art von Ausgrenzung falsch anfühlt.“
In jedem Fall aber ist der neue Jesper Munk eines nämlich berührend. Aber um sich berühren lassen zu können, sollte man wieder lernen, sich hinzugeben. Müßiggang erlauben und auch sonst versuchen einfach mal das Alltagskarussell für einen Moment anzuhalten; und sei es nur für die Dauer von „Yesterdaze“. Raus aus der dystopischen Katastrophenschleife – hinein in die zauberhafte Welt jenes friedliebenden Schafs im Wolfspelz namens Jesper Munk, der mit seinen zärtlichen, unangestrengt wirkenden Liedern über die Liebe, die dadurch oft auch entstehenden Missverständnisse, die Empathie, die Menschlichkeit, die Gerechtigkeit, die Sehnsucht nach dem Guten auf dieser Welt, eben all jene wünschenswerten Sachen singt, nach denen wir uns alle so sehr sehnen.